Corona-Aufarbeitung in Bayern oder: Wie bringen wir unsere Schäfchen ins Trockene?

In Bayern hat SPD-Fraktionschef Florian von Brunn Kabinett, Gesundheitsministerium und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gebeten, ihre Akten zur Corona-Pandemie zu veröffentlichen. Er schlug zur politischen Aufarbeitung eine Kommission vor – bestehend aus Wissenschaftlern und Politikern, ergänzt durch einen Bürgerrat. Nur durch Transparenz könne man gesellschaftliche Gräben überwinden

Die Landtags-Grünen fordern die Staatsregierung ebenfalls auf, einen Corona-Bürgerrat einzurichten, um die Folgen der Pandemie und der Infektionsschutzmaßnahmen in Bayern zu untersuchen. Zwar hätten die Grünen die Corona-Maßnahmen der Staatsregierung "zumindest grundsätzlich immer mitgetragen", doch ihre Forderungen nach Evaluation und Transparenz seien von der Söder-Regierung abgelehnt worden.

Die AfD-Landtagsfraktion hatte bereits im Oktober 2020 die "Offenlegung der Entscheidungsgrund-lage für die Durchführung der Coronamaßnahmen in Bayern" gefordert, da sie die Begründungen der Staatsregierung nicht akzeptieren wollte. Maßnahmen wie Ausgangssperren hatte die AfD abgelehnt.

Die Bayerische Staatsregierung ist jedoch nicht bereit, Dokumente zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie offenzulegen (…)"Aus Sicht des Gesundheitsministeriums braucht es keine nachträgliche, politische Aufarbeitung mehr (…) "In der Corona-Pandemie stand der Schutz von Leib und Leben an oberster Stelle", schrieb das Ministerium. "Daher waren aus damaliger Sicht auch die Kita- und Schulschließungen bzw. der Wechselunterricht an den Schulen angemessen und verhältnismäßig." Das Ministerium verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das habe die Rechtmäßigkeit solcher Anordnungen bestätigt. (..) "Die Corona-Pandemie war (…)  eine bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene Herausforderung", betonte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. "Rückblickende Schuldzuweisungen verkennen die damalige Situation völlig." (…)

Auf Anfrage von BR24 verwies der frühere bayerische Gesundheitsminister und jetzige CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek darauf, dass natürlich aus der Corona-Zeit Lehren gezogen werden müssten. Das geschehe in Bayern längst. Es sei beispielsweise ein Pandemie-Zentrallager entstanden und die Digitalisierung der Gesundheitsämter sei vorangetrieben worden.
Auch Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) lehnt eine politische Aufarbeitung der Pandemie zum jetzigen Zeitpunkt ab. Er sagte Anfang April bei einer Debatte im Landtag: viele, die jetzt eine politische Aufarbeitung forderten, hätten ihr Urteil schon längst gefällt. Herrmann sieht bei der Aufarbeitung der einstigen Corona-Maßnahmen nicht die Politik, sondern die Wissenschaft am Zug.

Einen Corona-Bürgerrat zur politisch unabhängigen Evaluation der damaligen Maßnahmen lehnt das Gesundheitsministerium ab: die Verfassung des Freistaates sehe so einen Rat gar nicht vor, sagte ein Ministeriumssprecher. Außerdem erscheine ein "nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzter Bürgerrat (...) für die Aufarbeitung der äußerst komplexen Maßnahmen in der Corona-Pandemie ungeeignet".  Diese Haltung wiederum ärgert den SPD-Fraktionsvorsitzenden von Brunn "Jetzt zu sagen, dass die Schließungen in dieser Form völlig richtig waren, halte ich für nicht gut." Von Brunn verwies auf die Bundesregierung in Berlin: "Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält die langen Schulschließungen im Nachhinein für einen Fehler." Auch dieser fordere eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen, um daraus zu lernen. [Na wenn das eine Empfehlung ist]

Quelle:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/kein-anlass-staatsregierung-gibt-corona-akten-nicht-raus,UAaS0dR
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