Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland

Ob bei Tichys Einblick, ob auf Multipolar, bei Reitschuster oder der Achse des Guten - überall findet sich heute eine entscheidende Nachricht für die deutsche Medienlandschaft:
Seit dem 3. April 2024 steht ein Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Netz https://meinungsvielfalt.jetzt/manifest.html

Inhaltlich geht es um Meinungs- und Informationsvielfalt, Ausgewogenheit und Fairness sowie Transparenz und Unabhängigkeit des Rundfunks, sowie um Kultur und Bildung. Über 100 Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben sich daran beteiligt. Viele davon anonym, denn für manch einen freien Mitarbeiter kann bei Abweichung von der offiziellen Linie die berufliche Existenz auf dem Spiel stehen. Das hat bereits der Initiator der Initiative, Ole Skambraks, erlebt. Er hat 2021 wegen der einseitigen Corona-Berichterstattung einen vielbeachteten Offenen Brief bei Multipolar veröffentlicht und ist dann von seinem Arbeitgeber, dem Südwestrundfunk (SWR) gekündigt worden.

Unter den Unterzeichnern finden sich einige bekannte Namen wie Luc Jochimsen, ehemalige Chefredakteurin hr-Fernsehender, die Kabarettisten Lisa Fitz und Uli Masuth, der ehemalige ARD-Moderator Jürgen Fliege oder die Musiker Michy Reincke und Hans-Eckardt Wenzel. Weitere Erstunterzeichner sind der Mathematiker und Prof. Dr. rer. nat. Gerd Antes, ein Wegbereiter der evidenzbasierten Medizin in Deutschland, Schauspieler wie Anja Franke, Christine Prayon und Henry Hübchen, Musiker, Kameramänner, Tontechniker, Filmemacher, Moderatoren, Radiosprecher, Cutter, Autoren, Regisseure und viele mehr.

Das Manifest kann auch auf openpetition.de unterzeichnet werden.

Und die Chancen?

Eine Redakteurin bei einem öffentlichen-rechtlichen Sender erwartet, dass das Manifest intern auf den Führungsebenen eher abgeblockt bzw. ignoriert werde. Aber sie hofft, dass es als Einladung zu einer Diskussion gesehen werde und ein konstruktives Gespräch in den Sendern in Gang komme.

Professor Michael Meyen, Kommunikationswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat ebenfalls unterzeichnet. Er hofft, dass der Text vor allem in den Anstalten selbst etwas bewegt. „Wie schwer das wird, zeigt schon die Debatte um diesen Text. Dass viele gezögert haben, mit ihrem Namen zu zeichnen, hat wenig mit Feigheit zu tun und viel mit Strukturen.

Stephan Russ-Mohl, emeritierter Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Lugano (Schweiz) sieht geringe Chancen für eine Veränderung der Öffentlich-Rechtlichen von innen heraus. „Da Medienpolitik Ländersache ist und sich da nur im Konsens etwas bewegen lässt, ist auch hier die Einwirkungschance sehr begrenzt“, sagt er auf Multipolar-Anfrage. Ändern könne dies nur ein breitflächiger Gebührenboykott. „Die Zahl der Beitragsverweigerer steigt – und ist ein gut gehütetes Geheimnis von ARD und ZDF“, so Russ-Mohl.

Diese Informationen wurden nach den folgenden Quellen zusammengestellt von Ulrike Knipping
https://multipolar-magazin.de/meldungen/0035
https://reitschuster.de/post/endlich-mitarbeiter-der-oeffentlich-rechtlichen-wagen-den-aufschrei/
https://www.achgut.com/artikel/systemkritiker_im_staatsvertragsfunk

Im Folgenden ein paar Zitate, die in diesem Zusammenhang interessant sind:

Ein Mitarbeiter beobachtet: „In unserer Redaktion wird bei Sitzungen nicht darüber geredet, wie wir die Menschen mit unserem Programm möglichst vielfältig informieren und verschiedene Ansichten präsentieren könnten. Nein, es wird darüber geredet, wie man ein Ereignis mithilfe von Experten einordnen kann. Am Ende sieht die Regierung dabei meist gut aus…“

Und noch einer:
„Ich arbeite seit vielen Jahren für den WDR als Autor. Was mich besorgt und umtreibt, ist die Wahrnehmung, dass in den Redaktionen wenig bis keine Bereitschaft besteht, andere Meinungen als den Mainstream überhaupt wahrzunehmen, geschweige denn als Bereicherung anzuerkennen. Egal, ob Energiepolitik, Corona oder Migrationsfragen etc., die Leitlinien der Berichterstattung sind mehrheitlich durch politisch motivierte Redakteure so vorgegeben und eingeengt, dass eine echte Auseinandersetzung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.“

Ein/e Mitarbeiter/in (ARD-Anstalten, Deutschlandfunk ORF), der/die sich in den Sozialen Medien kritisch über die Coronamaßnahmen geäußert hatte, hörte persönlich einen vielsagenden Satz vom ORF: „Wir können es nicht hinnehmen, dass unsere Autoren die Regierungspolitik kritisieren.“

Ein ZDF-Mitarbeiter: „Gesendet wurde nach meiner Beobachtung überwiegend, was das Narrativ bestätigte und am Leben hielt . (…) Kritische Fragen mussten sich Politiker­Innen fast ausschließlich dahin­gehend gefallen lassen, ob ihre Maß­nahmen ausreichend seien für den Gesundheits­schutz. Fast nie, ob sie zu weit gehen oder ihrerseits Schäden anrichten. Schäden durch die Maß­nahmen (einsames Sterben, psychische Folgen für die Kinder, Geschäfts­pleiten, Staats­verschuldung) wurden als „Corona-Schäden“ deklariert … „

Zum Abschluss ein Auszug aus dem Statement einer ARD-Mitarbeiterin: „Aber was ist das für ein Journalismus, der größtenteils nur noch eine Meinungsrichtung präsentiert und als richtig anerkennt? Was ist das für ein Journalismus, der den wissenschaftlichen Diskurs nicht mehr allumfassend abbildet, sondern fast nur noch jene Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftler zu Wort kommen lässt, die sich für die Maßnahmen aussprechen? Was ist das für ein Journalismus, der abertausende demonstrierende Menschen in die Ecke der Spinner und Unwissenden abtut? Was ist das für ein Journalismus, der die Regierung kaum noch kritisiert? Der im Meinungs­bildungs­prozess nicht mehr alle Perspektiven ausgewogen berücksichtigt? Das ist kein Journalismus mehr, der als ,Vierte Gewalt‘ im Staat bezeichnet werden kann, sondern einer, der mit der Regierung eher gemeinsame Sache macht, wie mir scheint. In Artikel 5 des Grundgesetzes wird die Presse­freiheit gewährleistet und betont, dass eine Zensur nicht stattfindet. Seit Corona findet diese Zensur meiner Meinung nach statt - nur viel perfider, als ich das jemals für möglich gehalten hätte.“

Auszugsweise zitiert nach: https://www.achgut.com/artikel/systemkritiker_im_staatsvertragsfunk

Ein Interview mit einer Unterzeichnerin findet sich auf:
https://www.tichyseinblick.de/interviews/annekatrin-muecke-oerr-manifest/